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Cornwall 2024 - Tag 17
Cornwall 2024 - Tag 17
Ladies and Gentlemen!
Heute sind wir am westlichen Punkt Englands angekommen: Land’s End. Da es sich um eines der Top-Reiseziele in Cornwall handelt, ist frühes erscheinen erforderlich.
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Dieser ganze Rummelplatz mit Vergnügungsmeile und Bespaßung ist uns deutlich zu viel. Wir waren jedoch gut vorbereitet und fuhren direkt auf den links daneben liegenden Hotelparkplatz. Von dort kann man genauso gut sehen, ohne diesen ganzen Klimbim.
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Dabei ist in der Vorsaison noch nicht einmal richtig viel los. Wie groß muss der Trubel erst in der Hochsaison hier sein?
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Uns beschleicht der Verdacht: jeder Brite muss hier einmal gewesen sein. Die Schönheit der Natur, der Ausblick, das Meer, die Wanderrouten, all das interessiert nur die Wenigsten.
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Die Besucher hier sind laut, jeder nur mit sich, seiner Familie und natürlich mit dem Smartphon beschäftigt.
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Nix wie weg! Haken dran, Beweisfotos machen und schnell weiter fahren.
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Nur rund sechs Kilometer von dem trubeligen Land’s End entfernt liegt das sehr viel stillere Cape Cornwall, landschaftlich nicht weniger schön.
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Eine kleine Straße, gesäumt von den typischen Mauern und Hecken, führt auf den Parkplatz des National Trusts. Dort befindet sich ein kleines Besucherzentrum in dem man sich über diesen Zipfel Cornwalls informieren kann.
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Wir haben Glück, die See ist heute ruhig an dieser rauen Küstenlinie. Doch davon darf man sich nicht täuschen lassen.
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Auf der Seeseite des Hügel sehen wir eine Station der Coast Watch. Hier, am Cape Cornwall, gibt es, wie überall an der Küste, Freiwillige die Dienst zur Überwachung und Sicherung der Küste machen.
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Im 19. Jahrhundert operierte hier eine Zinnmine, die schon von weitem, durch ihren 1864 erbauten Schornstein, zu sehen ist. Dieser Schlot erinnert an die harte Arbeit vergangener Generationen, die ihre Spuren in den Felsen hinterlassen haben.
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Ein kleines Turmgebäude, es sieht ein wenig wie ein Leuchtturm ohne Leuchten aus und ist auch das Letzte, was von der Cape Cornwall Mine übrig geblieben ist und wird heute im Volksmund "The Heinz Monument" genannt.
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Im Jahr 1987 kaufte nämlich die, weltweit durch ihren Tomaten-Ketchup bekannte Firma, Heinz Company das Gelände an der Atlantikküste auf und schenkte es dem National Trust. Dieser nahm dieses Geschenk natürlich mit Kusshand an.
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Heute ist es Teil der Cornish Mining World Heritage Site. Die US-Firma, die Niederlassungen auch in Großbritannien hat, wollte mit dieser großzügigen Geste an die ersten hundert Jahre erinnern, in denen Produkte der Heinz Company im Königreich verkauft wurden.
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Bauunternehmer hatten schon ein Auge auf diese großartige Landschaft geworfen, da kam dieser Eingriff von Seiten der Firma Heinz gerade recht. Eine Steintafel, die eine Inschrift trägt, am Monument erinnert an die Schenkung.
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Vom Parkplatz aus schlagen wir den Weg über eine Wiese zum St. Helen's Oratory ein.
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Die Überreste dieser Kapelle und des Gebetsoratoriums liegen an einem grasbewachsenen Hang mit Blick auf das zerklüftete Meer und die Küste rund um.
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Das Oratory umfasste ursprünglich eine mittelalterliche Kapelle mit zugehörigem Wohngebäude und Gehegen für die Nutztiere. Die Kapelle ist als kleines, dachloses Gebäude mit einer Länge von 6,1 m und einer Breite von 4,2 m erhalten geblieben, das bis zur Traufhöhe reicht.
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Südlich und westlich der Kapelle befindet sich eine ebene Plattform, die vermutlich ein zugehöriges Wohnhaus darstellt, das größtenteils als vergrabene Elemente und Ablagerungen erhalten ist.
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Um das Wohnhaus herum und an die Kapelle angeschlossen ist eine Einfriedung, die durch eine Stein- und Erdbank begrenzt wird, die bis zu 17 m lang und 9 m breit ist und an die Kapellenwände anschließt.
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An einem ruhigem Tag ist es hier herrlich, muss aber unvorstellbar hart gewesen sein, als die Atlantikstürme hereinbrachen, da der Ort allen Südwestwinden ausgesetzt ist. Es ist wirklich ein Standort am „Ende der Welt“.
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Wanderer sitzen auf den Bänken, die überall an den Wegrändern stehen, und genießen den Ausblick. Der Blick in die Ferne findet keinen Halt. Ja genau, das nächste Festland ist dann tatsächlich Amerika.
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Abseits des Trubels und der Massen bewahrt sich Cape Cornwall eine gewisse Authentizität. Wir sind froh, das Land’s End all die Touristen anzieht und wir nur wenige Kilometer weiter so einen netten Platz finden.
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Noch einen Fun Fact am Rande. Vor der Küste von Cape Cornwall liegt im Meer eine Felsenformation, The Brisons, die in der Region noch einen anderen Namen hat, nämlich „De Gaulle in der Badewanne“.
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Und tatsächlich, wenn man genau hinschaut, sieht man den Kopf des früheren französischen Staatspräsidenten mit seiner charakteristischen Nase und seinem Bauch aus dem Meer herausragen.
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Vom Cape Cornwall aus startet auch der Tin Coast Wanderweg. Die sieben Meilen lange Route verläuft entlang der alten Zinnminen vom Cape Cornwall bis zum Leuchtturm von Pendeen und den Tälern im Süden. Damit sind alle Fans der TV-Serie Poldark bestens vertraut.
Die Serie spielt in der Zeit des Zinnrauschs. Zahllose Schmelzen und Zinndörfer entstanden und Cornwalls Minen, in denen mehr als 50.000 Menschen arbeiteten, deckten 2/3 des Weltbedarfs.
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Hier haben die Menschen das Gestein seit Hunderten von Jahren abgebaut und auf der Suche nach Zinn und Kupfer ihre Stollen tief unter die Erde und manchmal unter das Meer getrieben.
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Diese reiche und zerklüftete Küste ist von der Bergbaugeschichte Cornwalls geprägt. Die Tin Coast, die seit 2006 zum Weltkulturerbe gehört, verfügt an ihrem zerklüfteten Rand über beeindruckende verlassene Bauwerke und verfallene Maschinenhäuser.
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Hier gibt es jede Menge Geschichte. Daher ist es an einem so abgelegenen Ort mit Blick auf den Atlantischen Ozean leicht möglich, sich vorzustellen, wie das Leben vor mehreren hundert Jahren hier aussah.
Heute rahmen zerstörte Maschinenhäuser und Schornsteine die Landschaft ein und schaffen eine ganz besondere Atmosphäre.
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Unsere nächste Station ist Botallack. Der National Trust besitzt und unterhält auch die Zinnminen Botallack und Levant. Wir machen auf jeden Fall das Beste aus unserer Mitgliedschaft.
Für unseren Besuch in der Zinnminen Botallack nutzten wir den Parkplatz The Botallack Count House. Dies liegt direkt neben dem Zinnbergbaugebiet Botallack und ist mit der Mitgliedschaft kostenlos.
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Als sich am Nachmittag der Himmel immer mehr zuzieht und Nebel aufkommt, fahren wir zurück ins Cottage.
Good Night!
Angie, Micha und Mister Bunnybear
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Südengland / Cornwall 2024 - Tag 15
Ladies and Gentlemen!
Heute verlassen wir auch schon wieder unser Farmcottage in Dorset. Die Zeit vergeht wieder einmal, wie im Flug.
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Und so machen wir uns nach dem Frühstück auf, um heute unsere westlichste und finale Destination zu erreichen ...
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Doch bevor es soweit ist, fahren wir erst einmal ins sagenumwobene Dartmoor. Das erreichen wir schon kurz hinter Exeter. Das wilde Moorland erstreckt sich über eine Fläche von 954 Quadratkilometer und hat neben viel unberührt scheinender Natur nur sehr wenig Menschen.
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Erster Programmpunkt heute ist die Whisky Brennerei in Bovey Tracey. Die Destillerie trägt den bezeichnenden Namen "Dartmoor Whisky" und war bis vor Kurzem die einzige Whiskybrennerei der Grafschaft.
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Die Brennerei wurde von Greg Millar gegründet und 2019 offiziell eröffnet.
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Die Brennerei produziert mit einer ehemaligen Cognac-Destille aus dem Jahr 1966, die 2014 aus Frankreich her transportiert wurde. Der Brennmeister ist Frank McHardy, der zuvor für Springbank und Bushmills arbeitete.
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Das Volumen wird, für die Pot Still, mit 1.400 Litern angeben. Die benötigte Gerste wird von der Preston Farm in Dartmoor bezogen, gemälzt wird in den Tuckers Maltings, unweit der Brennerei – der Whisky der Dartmoor Distillery ist also ein sehr regionales Produkt.
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Dartmoor bietet drei Kernabfüllungen an. Dies sind das Bourbon Cask , Sherry Cask und Bordeux Wine Cask.
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Der Shop befindet sich an der rückwärtigen Seite und wir müssen erst einmal klingeln, um Einlass zu bekommen, da wir hier ohne vorherige Terminvereinbarung aufschlagen.
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Das ist aber alles überhaupt kein Problem, man gewährt uns Einlass und freut sich über unseren Besuch. Wir erfahren wieder neue Dinge, beispielsweise warum hier die Gerste nicht mit Torf gemälzt wird, wo doch reichlich Torf vorhanden ist. Des Rätsels Lösung: das Abbauen von Torf ist im Nationalpark unter Strafe verboten.
Man schwätzt angeregt mit uns und erklärt alles, bis die nächsten Kunden kommen - unser Signal für den diskreten Rückzug.
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Wir fahren weiter, immer tiefer in das Dartmoor hinein. Die Landschaft ist von bizarrer Schönheit und gut versteckt finden sich zwischendurch hübsche kleine Ortschaften.
Als die ersten Siedler in der Jungsteinzeit in die Gegend des heutigen Moorlandes kamen, gab es hier einen großen Wald. Die Siedler rodeten die Bäume und wurden sesshaft. Da der Boden jedoch für den Ackerbau kaum geeignet war, betrieben sie hier hauptsächlich Viehzucht.
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Ein plötzlicher Klimawandel führte dann dazu, dass die frühen Bauern das Dartmoor schon nach wenigen Jahrtausenden wieder verließen. Bis heute hat sich das Gesicht dieser Landschaft kaum mehr verändert, sodass es nicht einmal viel Phantasie braucht, um sich vorzustellen, wie das Land vor etwa 3.000 Jahren ausgesehen hat.
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Wer durch das Moorland mäandert, kann auch noch überall die Zeugnisse der frühen Besiedlung des Dartmoors finden. Das zieht natürlich Archäologen an. Bei einer der Ausgrabungen wurden in den 1970er Jahren auch Hufabdrücke gefunden. Sie beweisen: Im Dartmoor gab es bereits in der Bronzezeit – also vor 3.500 Jahren – Pferde/Ponys.
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Die Dartmoor Ponys sind somit eine der ältesten Ponyrassen – und doch gelten sie heute als gefährdet. Weltweit soll es gerade mal noch 3.000 Ponys geben.
Die offizielle Geschichte vom Dartmoor Pony beginnt allerdings erst im Jahr 1012 nach Christus. Genauer: Mit einem Testament. Denn im letzten Willen von Bischof Aelwold von Crediton erwähnte er auch seine Ponys. Sie waren nicht eingeritten und lebten wild im Dartmoor.
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Doch im Laufe der Jahrhunderte erkannten die Menschen, wie nützlich die „Kleinen“ sind. Zwischen dem zwölften und 15. Jahrhundert wurden die Ponys zum Beispiel genutzt, um Zinn vom Moor in die Städte zu transportieren. Als der Zinn-Boom zu Ende ging, blieben vermutlich einige dieser Ponys übrig. Sie zogen durchs Moor – oder wurden von den Bauern als kleine Lastpferde eingesetzt.
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König Heinrich der VIII. war nicht nur für seine sechs Ehefrauen berüchtigt, er mochte auch keine Ponys. Demnach sollten alle Hengste unter 1,42 Metern und alle Stuten unter 1,31 Metern getötet werden. Das traf das ganze Land. Doch die Menschen im Dartmoor ließen sich nicht beeindrucken. Sie brauchten die kleinen, robusten Ponys – und so überlebten die „Kleinen“.
Während der Kriege waren die Kleinen über die Jahrhunderte nicht interessant: Durch ihre Größe waren sie im Kampf eher ungeeignet. Doch das änderte sich mit der industriellen Revolution um 1750. Jetzt waren die zähen und robusten Ponys plötzlich heiß begehrt – für die Bergwerke. Dort lebten sie unter Tage und zogen die schweren Loren.
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Auch heute übernehmen die Pferdchen wichtige Aufgaben: als Landschaftspfleger. Denn die Kleinen haben einen Vorteil: Mit ihren etwas mehr als 200 Kilogramm sind sie Pferde-Leichtgewichte und hinterlassen auch in sensiblen Naturschutzgebieten kaum Spuren. Sie werden durch ihre Trittsicherheit auch auf steilen Flächen eingesetzt.
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Wie wichtig die Kleinen in ihrer Heimat heute sind, wurde 1951 klar: Damals wurde das Dartmoor zum Nationalpark erklärt – und das Pony als Logo ausgewählt.
Neben alten Siedlungen finden sich auch Steinkreise und Steinreihen - und so ist das Dartmoor von vielen Mythen und Legenden umwoben, die auch noch heute vielerorts erzählt werden.
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Die Landschaft selbst bietet schon ausreichend Kulisse für Schauergeschichten jeglicher Art.
Um 1900 war es zum Beispiel die Legende von Richard Capel von Brooke Manor, der die Töchter seiner Pächter entführt und vergewaltigt haben soll, die Sir Arthur Conan Doyle, der mit den Sherlock Holmes -Romanen berühmt geworden ist, zu seinem Roman „Der Hund von Baskervilles“ inspiriert hat.
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Die Legende von Richard Chapel, der 1677 von einem Rudel dämonischer Hunde zu Tode gehetzt worden sein soll, wurde von Generation zu Generation im Dartmoor weiter erzählt. Doyle griff sie auf und erzählte die Geschichte eines Geisterhundes, der durch die Untaten eines bösartigen Vorfahren erweckt wurde und nun sein Unwesen in den einsamen Hochebenen des Moorlandes treibt.
Unsere Mittagspause verbringen wir in dem 1785 gegründeten Städtchen Princetown, benannt nach dem damaligen Prince of Wales (heute Prince William).
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Princetown ist das Verwaltungszentrum des Dartmoor-Nationalparks und die höchstgelegene Stadt im Dartmoor.
Über dem Ort Princetown erhebt sich das berüchtigte Dartmoor Prison, welches ebenfalls schon eine Rolle in Arthur Conan Doyles „Der Hund von Baskerville“ gespielt hat. Na, da sind wir doch goldrichtig!
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Das Gefängnis wurde ursprünglich zur Unterbringung französischer Kriegsgefangener während der Napoleonischen Kriege gebaut. Im Krieg mit Frankreich gemachte Gefangene wurden zunächst in Gefängniskolonnen untergebracht; unter anderem auf verfallenen Schiffen.
Die Lebensbedingungen waren schrecklich und die Nähe der Gefängniskolonien zu den Werften von Plymouth wurde als Sicherheitsrisiko angesehen. Im Jahr 1806 wurde im abgelegenen Moorgebiet von Dartmoor, mit dem Bau eines eigens dafür errichteten Gefängnisses begonnen.
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Das Gefängnisgelände wurde vom Prinzen von Wales zur Verfügung gestellt und ist rechtlich immer noch Eigentum des Herzogtums Cornwall, das dem jetzigen Prinzen William gehört.
Die ersten französischen Gefangenen kamen 1809 hierher, und im Krieg von 1812 gesellten sich schnell Amerikaner hinzu. Auf seinem Höhepunkt befanden sich im Gefängnis über 8.000 Insassen.
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Nach dem Ende beider Konflikte blieb das Gefängnis bis 1850 ungenutzt, dann wurde es als Sträflingsgefängnis und später als Gefängnisfarm genutzt.
1917 wurde es in ein Arbeitszentrum für Kriegsdienstverweigerer umgewandelt und 1920 wieder als Gefängnis in Betrieb genommen.
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Natürlich gibt bzw. gab es auch eine Polizeistation, die im Jahr 1856 eröffnet wurde und 1958, rund 100 Jahre später, wieder geschlossen wurde.
The Old Police Station wurde in ein Café umgebaut - ein Gastronomiebetrieb genau nach unserem Geschmack: skurril und historisch.
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Wenn man genau hinschaut entdeckt man auch noch Relikte der ursprünglichen Nutzung des Gebäudes: Rechts, vom jetzigen Eingang und der Veranda, gibt es ein Fenster. Die Fensterbank und der Sturz weisen eine Reihe von sechs regelmäßigen und passenden Löchern, die auf das frühere Vorhandensein von Gittern hinweisen, auf.
Das Ambiente ist rustikal und es kommen sehr viele Locals zum Lunch. Das ist immer ein gutes Zeichen - und richtig! Das Essen ist gute, preiswerte Hausmannskost und der Service super flott! Eine klare Empfehlung, die wir gerne weiter geben.
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Als wir den Wagen auf dem öffentlichen Parkplatz oberhalb der Gaststätte parken, fällt uns ein bekannter Geruch auf: Whisky! Irgendwo gibt´s hier Whisky!
Und richtig! In Princetown gibt es eine ziemlich neue Distillery: die mit der Produktion gerade erst begonnen hat. Man kann aktuell nur ganze Fässer, die bereits zur Reifung abgefüllt wurden, kaufen.
Flaschen gibt es zur Zeit noch nicht, da die Fassreife noch nicht abgeschlossen ist.
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Das Grundstück, auf dem die neue Brennerei erbaut wurde, gehört dem Herzog von Cornwall. Das war zu Baubeginn Prinz Charles und nach aktueller Thronfolge ist es Prinz William.
Selbstverständlich haben wir uns zwischenzeitlich auch die Homepage angeschaut. Wie wir finden, wird die Lage nur minimal beschönigt.
Aber seht selbst: hier die raue Wirklichkeit ...
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... und hier die leicht romantisierte Version:
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Der Unterschied ist doch kaum wahrnehmbar - oder?
Nach der Mittagspause machen wir uns wieder auf den Weg, um die letzten 2 1/2 Stunden zu unserer Unterkunft in St Keverne in Cornwall zu bewältigen.
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Gegen 18 Uhr erreichen wir unser Cottage auf The Lizard, dem östlichen Flügel Cornwalls.
Good Night!
Angie, Micha und Mister Bunnybear
Smart kitty!
Cornwall 2024 - Tag 22
Ladies and Gentlemen!
Zum Abschluss unseres Aufenthaltes in Cornwall kümmern wir uns heute um die Lizard Halbinsel, die wie als unseren Standort für unseren Aufenthalt gewählt haben.
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Der Name Lizard (Eidechse) leitet sich angeblich vom Schimmern der Felsen, die an die Schuppen einer Eidechse erinnern, ab.
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Der Lizard Point ist der südlichste Punkt des ganzen Vereinten Königreichs und er ragt vom Rest von Cornwall etwa 20 Meilen westlich und über 5 Meilen südlich hervor.
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Es handelt sich um die nördliche Einfahrt in den Ärmelkanal – die umliegenden Felsen geben einen guten Einblick in das besondere Gestein an der ozeanischen Kruste.
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Hier unten an der zerklüfteten „Heritage Coast“ haben sich früher oft schwere Schiffunglücke ereignet - oft zur Freude der Küstenbewohner, die von den Wrackplünderungen und vom Schmuggel profitierten. Heute zum Glück kein Thema mehr, auch dank der Leuchttürme.
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Der weiß getünchte Leuchtturm, Lizard Lighthous, erhebt sich markant über dem Lizard Point und wurde 1751 erbaut. Seitdem schützt er Schiffe vor den tückischen Felsen und ist tatsächlich der zweitälteste funktionierende Leuchtturm im Vereinigten Königreich.
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Die gesamte Halbinsel ist ein besonders geschütztes Gebiet, dem verschiedene Sonderrechte zuerkannt wurden und jeweils ein Teil ist im Besitz von Natural England, dem National Trust und dem Cornwall Wildlife Trust und von diesen betreut wird.
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Sie verwalten im Auftrag der Britischen Regierung, schützenswerte Kultureinrichtungen und Landschaften. Dadurch hat sich die Halbinsel in den letzten Jahrzehnten kaum verändert und sich so ihren eigensinnigen und ursprünglichen Charme bewahrt, was man auch quasi an jeder Ecke bewundern kann.
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Es handelt sich nicht nur um eine Nationallandschaft (früher als Gebiet von außergewöhnlicher natürlicher Schönheit bekannt), sondern es gibt auch acht Gebiete von besonderem wissenschaftlichem Interesse zum Schutz der Tierwelt und der Geologie.
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Besonders skurril wirken daher die riesigen Schüsseln der Goonhilly Satellite Earth Station, die mitten in einem Schutzgebiet für eine endemische Falkenart stehen.
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Benannt wurden die gigantischen Satelliten nach Charakteren der Arthus Sage: Merlin ist mit 32 Metern Durchmesser der Größte, während Guinevere, Tristan und Isolde etwas kleiner sind.
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Lizard ist deutlich ruhiger und weniger dicht besiedelt als der Rest von Cornwall. Die Halbinsel hat einige sehr hübsche Ortschaften zu bieten sowie tolle steil abfallende Küstenabschnitte, die zum Wandern entlang des South Coast Path einladen.
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Die Halbinsel war bis ins 19. Jahrhunderte hinein immer Anlaufstelle von Piraten und Schmugglern. Die Nähe zu Frankreich und der Einfluss durch das British Commonwealth, mit seinen zahlreichen Kolonien, zogen Piraten und Schmuggler magisch an. Die Lizard Halbinsel bot mit ihren vielen versteckten, abgelegenen Buchten und Höhlen die besten Voraussetzungen, Beute zu verstecken.
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Einer der bekanntesten Piraten, die im 18. Jahrhundert die Lizard Halbinsel als Versteck nutzten, war Henry Avery, auch als “Long Ben” bekannt. Gerüchten nach, hat der, in den 1690er Jahren aktive, Pirat, einen großen Teil seiner Beute auf der Lizard Halbinsel versteckt.
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Seine größte Beute machte der ehemalige Soldat beim Überfall auf die Ganj-i-Sawai, eine riesige Dau des Großmogul Aurangzeb von Indien mit mehr als 500 Passagieren an Bord. Bei diesem Überfall erbeutete “Long Ben” Gold und Juwelen im Wert von damaligen £ 600.000 (ca. £ 80 Millionen heutzutage).
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Es ranken sich viele Gerüchte um die Beute von Henry Avery, aber die Geschichte zeigt, das auf der Lizard Halbinsel durchaus noch die Eine oder Andere Golddublone versteckt sein könnte. Wie im Jahr 1960 passiert, als ein Tourist, mit seinem Sohn, am Strand von Kenneck Sands, eine belgische Goldmünze aus dem Jahr 1366 fand.
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Cornwall war aber schon lange Zeit vorher besiedelt, was die übrig gebliebenen Relikte der Eisenzeit zeigen. Diese Stätten bietet einen faszinierenden Einblick in die architektonischen und kulturellen Praktiken der eisenzeitlichen Bewohner Cornwalls.
Wir besuchen das Halliggye Fogou, ein etwa 2.500 Jahre altes Bauwerk. Diese unterirdischen Gänge findet man nur im äußersten Westen von Cornwall, meist in der Nähe einer alten Siedlung. Ihr Name, ausgesprochen „foo-goo“, bedeutet auf Kornisch „Höhle“.
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Diese Strukturen zeichnen sich durch lange, schmale Gänge aus, die zu einer zentralen Kammer führen.
Der Zweck ist nach wie vor Gegenstand archäologischer Debatten, wobei die Theorien von der Verwendung als Lager- und Unterschlupf bis hin zu ritueller oder vielleicht religiöser Bedeutung reichen.
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Die Stätte steht unter der Aufsicht des English Heritage und wird vom Trelowarren Estate verwaltet, in dem sich das Fogou befindet.
Das Halliggye Fogou besteht aus einem langen, schmalen und noch dazu niedrigen Tunnel, der zu einer zentralen, dreiteiligen Kammer führt, und einem fensterartigen Eingang, der in viktorianischen Zeiten von vermeintlichen Schatzsuchern gegraben wurde.
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Wenn man die gesamten 30 Meter dieser geheimnisvollen Passage erkunden möchte, empfiehlt es sich eine Taschenlampe mitzubringen.
Der Passagenkomplex hat ein Dach und Steinmauern und ist der größte und am besten erhaltene von mehreren mysteriösen unterirdischen Tunneln, die mit Siedlungen aus der Eisenzeit in Cornwall verbunden sind.
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Das Halliggye Fogou ist das größte und am besten erhaltene seiner Art und war einst etwa 700 Jahre lang Teil einer Bauernsiedlung, die von mehreren Familien bewohnt wurde. Das sind bis zu 25 Generationen auf nur einem Stück Land – gemeinsam arbeiten, beten, leben und sterben.
In den 1980er Jahren führte English Heritage eine Reihe kleiner Ausgrabungen durch, um hauptsächlich Trümmer aus dem Durchgang zu entfernen.
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Um die Untersuchungs- und Reparaturarbeiten nach dem routinemäßigen Pflügen des Feldes zu erleichtern wurde ein Loch, dass versehentlich durch einen Pflugschar in der Decke der Hauptkammer entstand, in eine Eingangstreppe für Besucher verwandelt.
Zu den bei Ausgrabungen gefundenen Töpferwaren gehören lokale eisenzeitliche Ton Waren und einige Scherben römisch-samischer Waren aus Südgallien.
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Nun steht uns der Sinn aber nach einer Stärkung und dafür fahren wir zur der, besonders bei Einheimischen, berühmte Roskilly Farm.
Denn hier gibt es die beste Eiscreme in Cornwall. Diesen Abstecher müssen wir natürlich unternehmen - das ist doch gar keine Frage!
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Das Anwesen heißt eigentlich Tregellast Barton, befindet sich allerdings bereits seit 5 Generationen im Besitz der Familie Roskilly, weswegen es jeder nur unter diesem Namen kennt.
Im Herzen der Farm befindet sich ein lebhaftes Besucherzentrum, das das berühmte Eis serviert. Das gesamte Eissortiment wird angeblich vor Ort ausschließlich mit Milch von Roskillys Herde Jerseykühen hergestellt.
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Das Croust House Restaurant serviert eine Auswahl an Gerichten aus regionalen Zutaten. Der Schwerpunkt liegt auf einfachen, rustikalen Gerichten, die für jeden Geschmack etwas bieten.
Die Pizzen werden draußen in einem eigenen Steinofen gebacken und rustikal auf einer Baumscheibe serviert. Wobei bei den hygienischen Aspekten bei uns eine gewisse Skepsis aufkommt.
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Ein Highlight für Familien mit Kindern ist es, sich mit den Nutztieren der Farm anzufreunden. Mehrere Gehege in der Nähe des Besucherzentrums ermöglichen eine Interaktion mit den Farmtieren. Im Hofladen gibt es eigens abgepacktes Tierfutter um die Tiere zu füttern.
Wir drehen noch eine Runde durch das Gelände und finden den Zustand wenig ansprechend. Irgendwie sieht alles ein wenig vernachlässigt und herunter gekommen aus.
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Zum Abschluss des Besuchs gönnen wir uns noch einen Eton Mess in der berühmten Eisdiele. Viel Mess, ja, aber wenig Eton - vom zwingend dazu gehörendem Baiser fehlt jede Spur.
Und auch hier werden wir das Gefühl nicht los, beim Anblick leckender Eistruhen und daraus resultierender Pfützen im Verkaufsraum, dass bei uns das Ordnungsamt den Laden schon lange dicht gemacht hätte.
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Ganz besonders empfehlen können wir hingegen einen Besuch des Hotels Polurrian on the Lizard. Das Polurrian ist als das beste Hotel in der Gegend bekannt.
Das Hotel liegt auf der Westseite der Halbinsel, in der Nähe des verschlafenen Fischerdorfes Mullion, und war das erste auf der Halbinsel.
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In den 1890er Jahren wurde das Polurrian als glamouröses Hotel erbaut und begrüßte berühmte Gäste, wie Clark Gable. Ein großes weißes Haus, an einem Ort, der scheinbar am Rande der Welt liegt – der Himmel ist groß; die Aussicht noch größer.
Dies wird im modernen Hauptwintergarten (bunte Sessel, Kugelbeleuchtung, ausgestellte Schallplatten) voll ausgenutzt – allesamt raumhohe Fenster mit vielen Plätzen zum Zurücklehnen und bewundern der Aussicht.
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Der Afternoon Tea zum Preis von rund 25 € ist empfehlenswert. Dafür gibt es die traditionelle Etagere mit den üblichen Leckereien: Sandwiches, Scones und Törtchen.
Es gibt eine kleine Teekarte und der Tee wird sogar von Teeblättern aufgebrüht. Selbst in teuren Häusern bekommt man ja oft nur eine Kanne mit dem üblichen "Breakfast Tea", meist noch als Pad oder Teebeutel, auf den Tisch gestellt.
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Die Scones sind super frisch und werden noch warm serviert. Sehr, sehr positiv. Der einzige klitzekleine Schönheitsfehler waren die Servietten: hier hätten es ruhig Stoffservietten sein dürfen.
Auch der Service war super flott und es stellte sich während des Bestellvorgangs heraus, dass der uns zugeteilte Kellner aus Deutschland stammt.
Für uns geht es jetzt zurück ins Cottage, packen, denn unsere Zeit in Cornwall ist um und es geht wieder zurück, in Richtung Osten.
Good Night!
Angie, Micha und Mister Bunnybear (Hasenbär)
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