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Mettmann: Fundstätte des Neanderthalers
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Der Kreis Mettmann ist weltberühmt – auch wenn wohl kaum jemand in Afrika oder Amerika den Namen der Region kennt.

Der Name des prominentesten Bewohners ist jedoch in aller Munde: 1856 wurden hier die sterblichen Überreste des Neandertalers gefunden. Der Kreis Mettmann ist damit der erste Fundort eines Neandertalers weltweit.

250.000 Jahre lang lebten die Neandertaler in Europa, angepasst an die rauen Lebensbedingungen der Eiszeit. Dass es sie überhaupt gab, deckte erst der Fund ihrer Überreste auf: 40.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung stapft eine Gruppe von Menschen über die Hochebene unweit der Düssel.

Ihre Stirn ist flach, ihre Augen sind überwölbt von dicken Wülsten. Sie tragen Felle am Leib als Schutz gegen den eisigen Wind. Ihre Füße wandern über Steine und hart gefrorene Erde. Die Eiszeit hat Europa im Griff.

Da es in der kühlen Umgebung nur wenige essbare Pflanzen gab, sind die kleinen Stammesverbände vermutlich hinter den Nahrung suchenden Tierherden der Eiszeit her gewandert.

Eine Höhle wurde von der Düssel und kleineren Zuflüssen in Millionen von Jahren aus den Kalksteinfelsen des steinernen Plateaus herausgespült. Einer dieser Frühmenschen wurde in dieser Höhle etwa 20 Meter oberhalb der Düssel bestattet. Seine 16 noch erhaltenen Knochen sind heute im Neandertalmuseum zu sehen.

Die Entdeckung des Skeletts verdanken die Forscher dem Kalkabbau, der im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung einsetzte. Noch heute wackeln im Neandertal gelegentlich die Wände, wenn im letzten verbliebenen Kalksteinwerk eine Sprengung durchgeführt wird.

Der Kalkstein wurde Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem begehrten Rohstoff. Er wird bei der Stahlherstellung in der Eisenindustrie und als Baustoff benötigt. 1849 beginnt der Abbau im Neandertal im großen Maßstab.

Ihren Namen hat die Region dem Theologen und Kirchenlied-Schreiber Joachim Neander zu verdanken, der im 17. Jahrhundert in der damals engen und tiefen Schlucht Gottesdienste abhielt und Kirchenlieder komponierte. Unter Kennern war das Neandertal bereits schon lange für seine reichen diluvialen Ablagerungen bekannt.

Während der Arbeiten stießen Bergleute in den Höhlen auf die Skelettteile. Diese Höhle war 3 m breit, 5 m lang und 3 m hoch. Die Arbeiter räumten die Grotte frei und beachteten die Knochenfunde zunächst nur beiläufig, weil Knochen ausgestorbener Tiere hier sehr häufig gefunden wurden.

Für die Arbeiter sahen die Knochen denen von Höhlenbären ähnlich und deshalb warfen sie sie weg. An den Knochen kann man heute noch deutlich die Beschädigungen erkennen, welche die Arbeiter mit Spitzhacken dem Neandertaler zufügten.

Dass die Knochen im anatomischen Verband gelegen haben, zeigen die gut erkennbaren Hackspuren. Beim Freilegen wurde nämlich die linke hälfte der Hüfte und der Gelenkkopf des Oberschenkels beschädigt. Die hinterbliebene Furche geht fließend von einem Knochen in den anderen über.

Zufällig fielen die fossilen Funde dem Mitbesitzer des Neandertaler Steinbruchs Wilhelm Beckershoff auf, der gerade vor Ort war. Sein Geschäftspartner Friedrich Wilhelm Pieper übergab sie dem örtlich bekannten Naturforscher Dr. Johann Carl Fuhlrott. Fuhlrott sah sich die Stücke an und bemerkte jedoch schnell, dass dieses Skelett einem diluvialen Vor- bzw. Urmenschen zugehörig sein musste.

Zwischen 1997 und 2000 wurden im Neandertal von Ralf Schmitz und Jürgen Thissen Nachgrabungen durchgeführt, bei denen 62 weitere Knochenfragmente gefunden wurden. Darunter befanden sich sechs Neandertalerzähne, die zum Fund von 1856 gehören könnten.

Einige Knochenfragmente passten direkt an das Skelett von 1856 an. Seit der Nachgrabung liegen so viele Knochen vor, dass von mindestens einem weiteren adulten und einem subadulten Neandertaler ausgegangen wird.

Eng und tief ist das Tal heute nicht mehr und auch die Wasserfälle, Klippen und prächtigen Höhlen sind weitgehend verschwunden. Der Fortschritt ist wichtiger als die Natur. Als das Gebiet 1921 unter Naturschutz gestellt wird, ist aus der steilen Schlucht ein weites, baumloses Tal geworden.

Millionen Tonnen Gestein sind im Zuge der Industrialisierung abgetragen worden. Die Feldhofer Grotten und den Lieblingsplatz von Joachim Neander gibt es nicht mehr. Nichts erinnert mehr an den Lebensraum des Neandertalers.

Die Sprengungen zerstörten die malerische Felsenschlucht vollständig. Dafür haben Buchen-, Hainbuchen- und Schluchtwälder die Region erobert, die die Hügel und Hänge bewachsen und die ehemaligen Steinbrüche in sattes Grün tauchen.

Landschaftsarchitekten haben den Fundort jedoch als archäologischen Garten inszeniert, der die wechselvolle Geschichte des Tals erzählt. Wer mag, kann sich alle Zeugnisse der Fundstelle auch durch ein Audiosystem erklären lassen.

An der Fundstelle stehen jetzt ein paar Steinliegen. Und es sind ein paar Stangen aufgestellt. Wirklich informativ wird der Ort aber durch die zahlreichen Infos aus der App oder via Kopfhörer, für die es zahlreiche Gelegenheiten zum einstöpseln gibt.

Viele Informationen sind über Kopfhörer zu hören, die ihr für den Rundgang ausgeliehen bekommt. Wer das alles auf seinem Handy hören will, kann sich seit einiger Zeit auch eine Neanderthal – Museums – App herunterladen, die zu allen Punkten coole Informationen hat.

Positiv überraschten uns die zahlreichen Fakten, die auf so spielerische Weise aufbereitet werden. Wer in der Region unterwegs ist, sollte dort unbedingt mal vorbeischauen. Achtung: die Funstelle schließt früher als das Museum.

Weitergehende Informationen bietet das 1996 eröffnete Neanderthal-Museum. Der markante spiralförmige Bau liegt nur wenige hundert Meter von der Fundstelle entfernt. Ein gepflasterter Weg führt als Zeitstrahl bis zur Stelle des historischen Fundortes.

Bei unserem Besuch wurde an der Fundstelle kein Eintritt erhoben!