Kurzgeschichte - Tumblr Posts

5 months ago

Lost and Found

Ein kleines Sommerprojekt…

Inspirierende Bilder und eine Story die mir davon galoppiert ist. Zwei Kapitel in Arizona, USA.

Klaas als "Löwe" beim Frühstücksfernsehen
JK bei Rock am Ring
JK Satire Hits, Trump Edition

fanfiktion.de
AU / Joko bereist alleine die USA. Die Hälfte der vier Wochen ist schon um, als sein Leihwagen mitten auf der sagenumwobenen Route 66 liegen

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6 years ago

Der Tanz

Musikempfehlung zu dieser Geschichte: https://foxowlcrow.bandcamp.com/track/coral

--------------------------------------------------------------------- Das Herz schwer von Dornen, den Kopf nicht bei sich, so saß sie da. Ihr Inneres sträubte sich gegen ihre eigenen Beteuerungen, es sei alles gut. Mit tauben Fingern griff sie ihren Schlüssel und lief nach draußen. Atmete durch. Die frische Luft durchflutete ihren Kopf und ihre zusammengezogenen Augenbrauen hoben sich leicht, ließen die Falten von ihrer Stirn verschwinden. Der Himmel war durchzogen von dunklen Wolkenketten, die sich drückend auf die kleine Siedlung niederließen. Ihre Füße trugen sie davon, an den Rand der Stadt, zwischen deren Häusern sie sich eingesperrt fühlte, wie zwischen den Zähnen eines Monstrums, die verfault in die bereits verschwindende Sonne ragten. Dieser Ort, leicht abgeschieden und dennoch die Stadt im Blick, war ihr liebster.

Die von schwarzen Graffitilinien überzogenen Gebilde erstreckten ihre symmetrisch angeordneten Metallstreben über den Boden, wie silbrig glänzende Wurzeln. Mit einer Hand strich sie über die inzwischen goldgelben Gräser, die durch die kühle Brise leicht verschwammen und als Farbfläche einen starken Kontrast gegenüber der düster erscheinenden Wolkendecke bildeten. Vorsichtig streifte sie die Schuhe von ihren nun nackten Füßen, stellte sie auf der Skaterampe ab und ließ sich direkt daneben nieder. Sie holte ihre Kopfhörer aus der Tasche und auf ihrem noch von Sorgen verschleierten Gesicht deutete sich ein leichtes, ehrliches Lächeln an. Der Geschmack der nicht zu warmen Sommerluft vermochte es doch häufig, wenn auch nicht immer, ihr ein wenig Ruhe zu schenken, die ihr Kopf ihr sonst nur in der Gegenwart weniger Menschen ließ.

Sie ließ ihren Oberkörper beim Klang der ersten Akkorde nach hinten fallen, wobei ein kleines Stück ihres nackten Bauches freigelegt wurde. Sie zog den Stoff zurück an seinen Platz und beobachtete die Bilder, die die Musik hinter ihre geschlossenen Augenlider zauberte.

Ein Schauspiel.

Der rote Vorhang wird aufgezogen.

Die Klaviertakte dröhnen durch den gefüllten Saal.

Eine Tänzerin schwebt auf die Bühne.

Langsam beginnt sie, sich zu drehen.

Weitere Personen gesellen sich zu ihrem einsamen Tanz.

Ihre Kleider heben sich sanft und gleiten durch die Luft.

Einer Eingebung folgend, richtete sie sich auf und ließ ihre Füße auf den warmen Asphalt gleiten. Kleine Steine stachen in ihre weiche Fußsohle. Der prickelnde Schmerz zog ihr Bein hoch, doch sie ignorierte das Gefühl und ließ sich von den Tönen in ihren Ohren tragen. Leichtfüßig sprang sie von Note zu Note, schwang ihren Oberkörper herum, richtete sich wieder auf. Die Musik trug sie in eine Drehung, brachte sie in die Höhe und ließ sie sanft wieder auftreffen. Behutsam schloss sie die Augen und ließ die Realität von sich abdriften. Ihre Füße waren das Einzige, was sie noch in der Realität verankerte. Die Höhen des Gesangs trieben ihr Tränen in die Augen, und doch hatte sie das Gefühl von belebender Freiheit. Ein paar rennende Schritte, ein Sprung, Landung, Drehung.

Die Musik endet.

Der Vorhang schließt sich.

Der Traum verebbt.

Ihre Lieder glitten nach oben. Tief sog sie die Sommerluft ein, ließ sich auf dem Boden nieder und warf die Steinchen zwischen ihren Händen hin und her. Glücklich.

Zum ersten Mal an diesem Tag.


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4 years ago

# Prompt Juli 2020

Thema: Neues Leben

Wort / Gegenstand: Teetasse

Situation: am U-Bahnhof

Emotion / Adjektiv / Verb: stinkend

Ihr neues Leben begann mit einem Naserümpfen.

Ein Gefühl, das sie bis dato hauptsächlich von anderen erfahren hatte.

Sie war vieles gewohnt.

Doch der Geruch, der ihr nun in die Nase stieg, war selbst für sie beinahe unerträglich. Mit verzerrtem Gesicht wandte sie sich um und versuchte durch ihre vom Schlafmangel noch etwas trüben Augen die Ursache dieses Höllenmiefs auszumachen.

Der U-Bahnhof, in dessen Mitte sie sich ungefähr befand, war nahezu menschenleer. Kein Wunder um diese Uhrzeit, selbst für die sonst bereits sehr früh aktiven Pendler war es jetzt noch tiefste Nacht.

Nur drei Menschen standen abgesehen von ihr selbst unter dem trüben Neonlicht am dreckig gefliesten Bahnsteig. Eine Krankenschwester, die erschöpft von der Nachtschicht zurückkehrte, ein offensichtlich Betrunkener, dessen unbeholfener Gang von einem ausgearteten Kneipenabend berichtete und ein Obdachloser, der eingerollt neben einem Süßigkeitenautomaten lehnte und schlief.

Gut so, sie hatte schließlich mit Absicht den frühen Zug nehmen wollen, ihr Weg war weit und je weniger Leute sie in einem ihr bekannten Umfeld sah, desto lieber war es ihr.

In dem unterirdischen Bau hing der übliche Dunst von Abgasen und Pisse, doch der beißende Gestank, der ihr die Nasenwand zu verätzen schien und sie somit aus ihren Beobachtungen riss, war ein Anderer. Seufzend erhob sie sich, um sich auf die Suche nach der Geruchsquelle zu machen.

Ihre von der Müdigkeit noch ganz trüben Augen huschten durch den Raum und fielen schließlich doch auf den Haufen ihres eigenen Gepäcks, als ihr auf der Unterseite ihres bedruckten Leinenbeutels ein dunkler Fleck ins Blickfeld stach. Entnervt hob sie ihn mit spitzen Fingern an.

Es war nun nicht mehr abzustreiten, dass dieser Quell allen Übels in dieser Situation war. Scheinbar war ihre Flasche mit dem Kettenfett ausgelaufen und hatte die Stofffäden gänzlich durchtränkt, die die Flüssigkeit dankend annahmen.

In der Hoffnung, damit wenigstens den Gestank eindämmen zu können, erwarb sie einen dünnen Plastikbeutel von dem schlecht gelaunten Besitzer des 24-Stunden-Kiosks nebenan.

"Der Zugbetrieb verspätet sich um 45 Minuten. Grund dafür ist ein Fehler am Zug."

Das war echt nicht ihr Tag. Sie wickelte den feuchten Beutel in das Plastik und knotete die Tüte so fest wie möglich zu, bevor sie diese in ihrer Fahrradtasche versenkte. Das Öl hatte schon genug Schaden angerichtet.

Sie würde es bei ihrer Ankunft auswaschen müssen, auch wenn das bis dahin noch ein langer Weg war.

Sie hatte über mehrere Umwege und schließlich über eine frühere Bekannte von der autonomen Kommune erfahren, die nun bald ihr Zuhause werden würde. Diese war anders als alles, was sie bisher erlebt oder gesehen hatte, und genau das war der Grund, der sie dort hin zog.

Abschluss und Neubeginn, daraus waren ihre vorersten Träume gemacht. Zu sich finden in der freien Natur, eine kleine Gemeinschaft, unabhängig vom Druck der großen Gesellschaft, deren Gewicht sie lange auf sich gespürt hatte.

Doch wie es schien, würde sich ihre Reise zunächst um eine dreiviertel Stunde verzögern. Sie langte in ihren Rucksack und fischte eine Thermoskanne und eine Tasse heraus. Die hellblaue Tasse mit dem kitschigen Blütenmuster war einer der wenigen Gegenstände, die für sie so etwas wie einen Nostalgiewert besaßen. Immer noch beinahe kochend heiß sprudelte der Tee aus der Öffnung der Thermoskanne und sie sog genüsslich den Dampf ein.

Und als sie dann aufsah und ihr gegenüber dem Kioskverkäufer, der ihre Mühen fasziniert beobachtet hatte, ein kleines Lächeln entfloh, fühlte sie sich schon beinahe angekommen, ohne überhaupt losgefahren zu sein.

Ihr Ruhepol.


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