Let There Be Silence - Tumblr Posts
Stunden um Stunden in den Tag hinein. Der alte Diesel im Keller gibt uns den Soundtrack, zu dem wir heute arbeiten dürfen. Drinnen vibrieren Schallschutzwände und Boden, massiert sich in unsere Körper und kratzt an den ohnehin schon malträtierten Nerven. Das ständige Raunen des Diesels nistet sich in den Ohren ein, das Hirn reagiert darauf mit einem unangenehmen Dauerton. Raus! Raus an die frische Luft! Für ein paar Momente dem sensorischen Chaos entfliehen!
Und dann im Hof vom Abgasgestank begrüßt werden, und gleich daneben brüllt der Diesel seine Hitze aus dem grauschwarzen Schornstein!
Heute gibt es kein Entrinnen, bis der Arbeitstag vorbei ist. Sehnsucht nach absoluter Stille, jener Stille, die man spüren kann, wenn kein Geräusch mehr anwesend ist. Flatternde Nerven, wachsende Wut gegen das Unvermeidliche. Und dahinter die Hoffnung, dass morgen der Strom wieder aus der Steckdose kommt, leise, unauffällig und zuverlässig...
Stille... Seit Tagen kein Wort mehr gesprochen. Allein, kein Kontakt außer den notwendigen wie Kassenmenschen, aber auch hier - kein Wort gesprochen. Lächeln reicht... Draußen wacht die Stadt langsam auf. Ein Raucherhusten rollt mit seinem Fahrrad durch die Straße - ein Kontrapunkt zur sonstigen, friedlichen Stille. Der kleine Hund von gegenüber (vielleicht) springt aufgeregt an seiner Leine von Stein zu Laub, von Duftspur zu Duftspur, während am anderen Ende der Leine sein Herrchen steht, seltsam unbeteiligt, der Körper schon wach, der Geist noch lange nicht. Dazwischen zielstrebige Menschen, mal schnellen Schrittes, mal gemütlich wandernd, in Richtung Bäckerladen. Der Duft frischer Brötchen dringt selbst zu mir herüber. Ein ruhiger Morgen - fallen lassen... noch einmal...
Langsam kriecht das graue Licht des Tages durch die Straßen, nur hier und da leuchtet hinter einem Fenster goldenes Licht, das vielleicht irgendwas mit Weihnachten zu tun hat. Dunkle Menschen eilen zu unbekannten Zielen, die Hände tief in den Taschen ihrer Mäntel verborgen, die Gesichter unter Kapuzen versteckt, die Ohren mit Kopfhörern der Welt um sie herum verschlossen. Irgendwo in der Ferne tuckert ein kleines Boot durch die Bucht. Ein Fischer vielleicht, wer weiß das schon? In die Stille und den Frieden hinein bricht kurz die Sirene eines Rettungswagens, vielleicht auch der Polizei oder der Feuerwehr irgendwo in der Stadt, und mahnt, dass es nicht überall gerade so friedlich ist wie in meiner kleinen Blase. Es kündigt sich ein Tag an, den man am besten in den eigenen vier Wänden verbringt. Wie so viele... Der Kaffee dampft in der Tasse vor sich hin, sein Duft wandert durch das Haus und sucht nach einer Nase. Gefunden...
Die ach so besinnliche Zeit hinter mich gebracht. Und letztlich war es gar nicht so schlimm. Vielleicht nicht perfekt, aber das bin ich ja auch nicht. Jetzt geht es endlich zurück zu gewohnten Abläufen, zurück zu hörbarer Musik und weg von diesem scheinheiligen Liebe-Friede-Besinnlichkeit-Getue.
Nur noch den Böllern und Raketen, dem Lärm und Gestank aus dem Weg gehen. Dann geht's mir auch wieder gut.
![#oc [Artfolmas] 1 - Snowy Landscape - Kohaku_Dragonのイラスト - pixiv](https://64.media.tumblr.com/5784121b2f8cb8509b42bb37879da9e8/4bea76669a1ecec4-8b/s1280x1920/801466688307ae194bdd344bbb66667cc1a5dad1.png)
Ich verstehe Menschen nicht, deren größtes Ziel zu sein scheint, entsetzlichen Lärm zu produzieren. Da wird das Autoradio bis zum Anschlag aufgedreht, die Stimme überschlägt sich fast bei jedem Satz, und nebenbei wird auf Tischen, Gläsern, Computern und wasweißich noch alles herumgetrommelt, als müsse die ganze Welt erfahren: HIER BIN ICH! BEACHTET MICH!
Und wenn man solche Menschen dann bittet, etwas leiser zu sein, ist das mindeste, was man kassiert, ein ungläubiger Blick: ICH BIN LAUT? ICH SOLL LAUT SEIN? DAS STIMMT DOCH GAR NICHT! ICH REDE GANZ NORMAL!
Nein, das tut ihr nicht. Ihr zwingt mich, Musik zu hören, die ich nicht hören will, ihr gönnt meinen Ohren keine Pause, und ihr zwingt mich, eure persönlichsten Geschichten anzuhören. Es geht mich doch gar nichts an, ob eure Tochter säuft! Es ist mir auch egal, ob euer Partner mal wieder wegen einer Kleinigkeit ausgerastet ist, und ich möchte auch nicht zum Mitwisser eurer mehr oder weniger kleinen Steuerhinterziehungen und Versicherungsbetrügereien werden!
Ist es denn so schwer, etwas Zurückhaltung zu wahren? Ist es denn so schwer, Rücksicht auf eure unmittelbare Umwelt zu nehmen? Begreift ihr denn nicht, dass ihr nicht nur euer Umfeld unglaublich nervt, sondern auch eurer Gesundheit und eurem Hörvermögen größten Schaden zufügt? Seid ihr tatsächlich so dumm?
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Ich habe eine Frage an euch laute Menschen: Wisst ihr noch, wie sich die Stille anhört? Habt ihr je das leise Rauschen des Windes in Wiesen und Blättern gehört? Kennt ihr das leise Knacken des Hauses, wenn die Sonne untergegangen ist und es abkühlt? Habt ihr je dem leisen Regen zugehört und die Unendlichkeit gespürt?
Und wenn alle Geräusche von außen abwesend sind, kömnt ihr eure eigene Seele flüstern hören?
